Nebenklage
Im Rahmen der Nebenklage können Opfer von bestimmten Straf- und Gewalttaten, die dem Gesetzgeber besonders schutzwürdig erscheinen, sich der öffentlichen Klage, sprich der Anklage der Staatsanwaltschaft gegen den Straftäter, anschließen. Dies ist auch bei einem Antrag im Sicherungsverfahren möglich. Darüber hinaus sind Angehörige von Getöteten ebenfalls zur Nebenklage berechtigt.
Die Nebenklage ist jedoch im Verfahren gegen Jugendliche (der Täter ist unter 18 Jahre) nur bei schwerwiegenden Taten wie Verbrechen gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit oder die sexuelle Selbstbestimmung zulässig.
Bei Heranwachsenden (der Täter ist älter als 18 Jahre, aber zur Tatzeit nicht älter als 21 Jahre) ist die Nebenklage uneingeschränkt zulässig.
Rechte des Nebenklägers
Der Nebenkläger ist ein Verfahrensbeteiligter, welcher mit besonderen Rechten ausgestattet ist, die ansonsten nur der Staatsanwaltschaft zustehen.
Als Verfahrensbeteiligter verlässt das Opfer seine ansonsten passive Rolle als Zeuge im Strafverfahren gegen den Täter und kann durch die Ausübung, der ihm im Rahmen der Nebenklage zustehenden Rechte, aktiv am Strafverfahren teilnehmen.
Die Gestaltungsmöglichkeiten innerhalb der Nebenklage sind vielfältig. Über seinen Rechtsanwalt hat der Nebenkläger das Recht auf Akteneinsicht und so die Möglichkeit, die Ermittlungen zu verfolgen. Im Rahmen seines Anwesenheitsrechts kann der Nebenkläger der gesamten Hauptverhandlung beiwohnen. Dies auch dann, wenn er noch als Zeuge vernommen werden soll. Durch das ihm zustehende Beweisantragsrecht können Zeugen benannt werden, die die Glaubwürdigkeit des Opfers/Nebenklägers stärken können. Besteht die Befürchtung, ein Richter oder Sachverständige könnte befangen sein, so steht dem Nebenkläger hier ein Ablehnungsrecht zu. Ferner hat der Nebenkläger unter anderem ein Fragerecht, Beanstandungsrecht, Erklärungsrecht, das Recht einen Schlussvortrag zu halten und ein beschränktes Rechtsmittelrecht.
Hervorzuheben ist das Antragsrecht, die Öffentlichkeit während der Vernehmung des Nebenklägers ausschließen zu lassen. Dies wird in der Regel dann geschehen, wenn Details aus dem Intimbereich des Nebenklägers zur Sprache kommen, die bewirken, dass die öffentliche Ausbreitung hinter dem Interesse des Zeugen auf Schutz seines Persönlichkeitsrechts zurücksteht.
Kostenübernahme einer anwaltlichen Unterstützung
Bei besonders schwerwiegenden Delikten, wie z.B. bei Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung (z.B. sexueller Missbrauch von Kindern, sexuelle Nötigung, Vergewaltigung) oder bei Straftaten gegen das menschliche Leben (z.B. Mord oder Totschlag) wird dem Nebenkläger ohne Darlegung seiner persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse auf seinen Antrag hin ein Rechtsbeistand seiner Wahl bestellt (sogenannter „kostenloser Opferanwalt“). Der Staat trägt hier das komplette Kostenrisiko der Nebenklage.
Liegt kein Nebenklagedelikt vor, welches eine Beiordnung auf Staatskosten rechtfertigt, kann über einen Prozesskostenhilfeantrag die Beiordnung eines Rechtsanwaltes erfolgen. Voraussetzung für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist zum einen das wirtschaftliche Unvermögen des Opfers und zum anderen, dass das Opfer seine Nebenklageinteressen selbst nicht ausreichend wahrnehmen kann oder es ihm dies nicht zuzumuten ist.
Für Opfer von Gewalttaten besteht ferner die Möglichkeit einen Beratungsscheck vom Weissen Ring für die kostenlose Rechtsberatung beim Anwalt zu erhalten.
Nebenklagedelikte – Übersicht nach § 395 StPO
Nach § 395 Abs. 1 Nr. 1 StGB kann sich der erhobenen öffentlichen Klage oder dem Antrag im Sicherungsverfahren mit der Nebenklage anschließen, wer durch die aufgeführten Taten verletzt wurde.
Hierbei handelt es sich unter anderem um Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung, wie z.B.
- sexuellen Missbrauch von Schutzbefohlenen (§ 174 StGB)
- sexueller Missbrauch von Gefangenen, behördlich Verwahrten oder Kranken und Hilfsbedürftigen in Einrichtungen (§ 174 a StGB)
- sexueller Missbrauch unter Ausnutzung einer Amtstellung (§174 c StGB)
- sexueller Missbrauch von Kindern (§ 176 StGB)
- schwerer sexueller Missbrauch von Kindern (§176 a StGB)
- sexueller Missbrauch von Kinder mit Todesfolge (§ 176 b StGB)
- sexuelle Nötigung; Vergewaltigung (§ 177 StGB)
- sexuelle Nötigung und Vergewaltigung mit Todesfolge (§ 178 StGB)
- sexueller Missbrauch widerstandsunfähiger Personen (§ 179 StGB)
- Förderung sexueller Handlungen Minderjähriger (§ 180 StGB)
- sexueller Missbrauch von Jugendlichen (§ 182 StGB)
Weitere Delikte, welche zur Führung der Nebenklage berechtigen sind z.B.
- versuchter Mord und versuchte Tötung (§§ 211,212, 22, 23 StGB)
- Körperverletzung, gefährliche Körperverletzung sowie schwere Körperverletzung (§§ 223, 224, 226 StGB)
- Menschenhandel, Menschenraub, Kinderhandel sowie Kindesentziehung (§§ 232, 234, 236, 235 StGB)
- Nachstellung (§ 238 StGB)
- schwere Freiheitsberaubung ( §239 Abs. 3 StGB), Erpresserischer Menschenraub und Geiselnahme ( § 239 a StGB und § 239 b StGB)
Nach § 395 Abs. 2 Nr. 1 StGB steht unter anderem die Befugnis zum Anschluss der Nebenklage Personen zu, deren Kinder, Eltern,Geschwister, Ehegatten oder Lebenspartner durch eine rechtswidrige Tat getötet wurden.
Nach § 395 Abs. 3 StPO steht die Anschlussberechtigung ferner solchen Personen zu, die durch nachfolgende Straftaten verletzt wurden und wenn dies aus besonderen Gründen, insbesondere wegen der schweren Folge der Tat, zur Wahrnehmung ihrer Interessen besonders geboten erscheint:
- Beleidigung (§ 185 StGB)
- üble Nachrede (§ 186 StGB)
- Verleumdung (§ 187 StGB)
- fahrlässige Körperverletzung (§ 229 StGB)
- Diebstahl mit Waffen, Bandendiebstahl sowie Wohnungseinbruchsdiebstahl (§§ 244 Abs. 1 Nr. 3 StGB)
- Raub, schwerer Raub, Raub mit Todesfolge, räuberischer Diebstahl, Erpressung oder räuberische Erpressung (§§ 249 bis 255 StGB)
Als Opfer einer Straftat haben Sie zahlreiche Möglichkeiten zur Durchsetzung Ihrer Rechte und Interessen. Wir helfen Ihnen dabei diese gänzlich ausschöpfen zu können.